Anhang 7:

Hypothetische Planeten

von Paul Schlyter (pausch@saaf.se)

Es hat eine ganze Anzahl von Objekten gegeben, von denen dereinst Astronomen gedacht hatten, es würde sie geben, die dann aber doch „verschwanden“. Hier folgen deren Geschichte.


Vulcan, der Planet innerhalb des Merkur, 1860-1916, 1971

Der Französische Mathematiker Urbain Le Verrier, der zusammen mit J.C. Adams die Position des Neptun vorausgesagt hatte, bevor dieser entdeckt wurde, erklärte in einer Vorlesung am 2. Januar 1860, daß das Problem der beobachteten Abweichungen der Bewegungen des Merkur durch die Annahme eines weiteren, inner-Merkurischen Planeten erklärt werden könnte, oder möglicherweise durch einen zweiten Planetoidengürtel innerhalb der Merkurbahn. Die einzige Möglichkeit zur Beobachtung dieses inner-Merkurischen Planeten oder dieser Asteroiden würde sich ergeben, wenn sie vor der Sonne vorbeiziehen oder während eine totalen Sonnenfinsternis. Prof. Wolf am Zürcher Sonnenfleckendatenzentrum fand eine Anzahl merkwürdiger „Punkte“ auf der Sonne, und ein weiterer Astronom fand noch weitere. Insgesamt schienen zwei Dutzend Flecken in das Muster von zwei Umlaufbahnen innerhalb der des Merkur zu passen, eine mit einer Umlaufzeit von 26 und die andere mit 38 Tagen.

Im Jahre 1859 erhielt Le Verrier einen Brief vom Amateur-Astronomen Lescarbault, der von der Entdeckung eines runden schwarzen Fleckens am 26. März 1859 berichtete, der wie ein Planet aussah und vor der Sonne vorbeizieht. Er hatte den Flecken eineinviertel Stunden lang beobachtet, wobei dieser Flecken ungefähr ein Viertel der Sonnenscheibe durchquert hatte. Lescarbault schätzte die orbitale Neigung auf zwischen 5,3 und 7,3 Grad, die Länge auf 183 Grad, die Exzentrizität „enorm“ und die Durchlaufzeit vor der Sonnenscheibe auf 4 Stunden 30 Minuten. Le Verrier verfolgte diese Beobachtung und errechnete einen Orbit daraus: Umlaufdauer 19 Tage 7 Stunden, durchschnittlicher Abstand zur Sonne 0,1427 AE, Neigung 12° 10', zunehmender Knoten bei 12° 59'. Der Durchmesser war dementsprechend kleiner als der des Merkur und die Masse wurde auf ein Siebzehntel von der des Merkur geschätzt. Dies war zwar zu klein, um die Abweichungen von der Merkurbahn zu erklären, aber vielleicht war dies nur das größte Teil eines Asteroidengürtels? Le Verrier verliebte sich in diesen Planeten und nannte ihn Vulcan.

1860 fand eine totale Sonnenfinsternis statt. Le Verrier mobilisierte alle französischen und manche anderen Astronomen, um Vulcan zu finden - niemand schaffte es. Wolfs seltsamer 'Sonnenfleck' erregte nun Le Verriers Interesse, und kurz vor Le Verriers Tod 1877 fanden weitere 'Beweise' ihren Weg in die Literatur. Am 4. April 1875 sah ein deutscher Astronom, H. Weber, einen runden Fleck auf der Sonne. Le Verriers Orbit zeigte einen möglichen Transit am 3. April jenen Jahres, und Wolf bemerkte, daß auch sein 38-Tage-Orbit ungefähr zu dieser Zeit einen Transit vollzogen hätte. Dieser 'runde Fleck' wurde auch in Greenwich und in Madrid fotografiert.

Es gab weitere Aufregung nach der totalen Sonnenfinsternis am 29. Juli 1878, als zwei weitere Betrachter für sich in Anspruch nahmen, in der Nähe der Sonne kleine erleuchtete Scheiben gesehen zu haben, die nur kleine Planeten innerhalb Merkurs Orbit sein konnten: J.C. Watson (Professor für Astronomie an der Universität Michigan) glaubte, er hätte ZWEI intra-merkurische Planeten entdeckt! Lewis Swift (Mitentdecker des Kometen Swift-Tuttle, der 1992 wiederkehrte), sah auch einen „Stern“, den er für Vulcan hielt -- aber an anderer Position als jeder der beiden Watsonschen. Außerdem konnten weder Watsons noch Swifts Vulcans mit dem von Le Verrier oder Lescarbault in Einklang gebracht werden.

Anschließend konnte niemand jemals wieder Vulcan entdecken, obwohl bei verschiedenen totalen Sonnenfinsternissen danach gesucht wurde. Und 1916 veröffentlichte Albert Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie, die die Abweichungen der Merkurbewegungen erklären konnte, ohne auf einen inner-merkurischen Planeten zurückgreifen zu müssen. Im Mai 1929 fotografierte Erwin Freundlich, Potsdam, die totale Sonnenfinsternis in Sumatra, und untersuchte die Platten sorgfältig, wobei eine Menge Abbildungen von Sternen zu Tage traten. Sechs Monate später wurden Vergleichsaufnahmen gemacht. Kein unbekanntes Objekt, das heller als Magnitude ein Neuntel besaß, konnte in der Nähe der Sonne gefunden werden.

Was aber haben diese Leute tatsächlich gesehen? Lescarbault hatte keinen Grund, um Märchen zu erfinden, und sogar Le Verrier glaubte ihm. Es ist möglich, daß Lescarbault zufälligerweise einen kleinen Asteroiden während einer Passage an der Erde vorbei gesehen hat, knapp innerhalb der Erdumlaufbahn. Solche Asteroiden waren damals unbekannt, so daß Lescarbaults einzige Erklärung dafür war, daß er einen Planeten innerhalb der Merkurbahn gesehen hat. Swift und Watson könnten, während der Hektik, die Sonnenfinsternis für Beobachtungen auszunutzen, einige Sterne fehlinterpretiert haben und so auf den Gedanken gekommen sein, sie hätten Vulcan gesehen.

„Vulcan“ wurde vor kurzem, um 1970-1971, wiederbelebt, als ein paar Forscher dachten, sie hätten verschiedene feine Objekte nahe an der Sonne während einer totalen Sonnenfinsternis aufgespürt. Diese Objekte könnten feine Kometen gewesen sein, und später wurden Kometen beobachtet, die im weiteren Verlauf so nahe an der Sonne vorbeikamen, daß sie mit der Sonne hätten kollidieren können.


Merkurs Mond, 1974

Zwei Tage vor der Merkur-Passage durch Mariner 10 am 29. März 1974 fing ein Instrument an, starke UV-Emissionen zu registrieren, die „kein Recht hatten, da zu sein“. Am nächsten Tag war der Spuk vorbei. Drei Tage später erschien er wieder, und das „Objekt“ schien sich von Merkur abzutrennen. Zunächst glaubten die Astronomen, sie hätten einen Stern gesehen. Aber sie hatten diesen in zwei völlig unterschiedlichen Richtungen ausgemacht, und jeder Astronom wußte, daß diese extreme UV-Wellenlänge nicht weit durch das interstellare Medium vordringen konnten, und so lag der Verdacht nahe, daß das Objekt sehr nahe sein mußte. Hatte Merkur einen Mond?

Nach einem hektischen Freitag, an dem die Geschwindigkeit des „Objekts“ mit vier Kilometer pro Sekunde errechnet wurde, eine Geschwindigkeit, die sehr gut zu einem Mond paßte, wurden JPL-Manager zu einer Versammlung einberufen. Sie stellten die danach sterbende Sonde rund um die Uhr dem UV-Team zur Verfügung, und jeder fing an, sich Gedanken um die Pressekonferenz zu machen, die für diesen späten Samstag anberaumt war. Sollte der suspekte Mond bekanntgegeben werden? Aber die Presse wußte bereits davon. Manche Zeitungen -- die größeren, seriöseren -- berichteten davon; viele andere bauschten es zu aufgeregten Stories über Merkurs neuen Mond auf.

Und der „Mond“ selbst? Er blieb auf seinem Weg von Merkur weg, und wurde später als möglicherweise heißer Stern identifiziert, 31 Crateris. Woher die originalen Emissionen kamen, die bei Annäherung an den Planeten gemessen wurden, bleibt ein Geheimnis. So endet die Geschichte des Merkurmondes, und gleichzeitig öffnete sich ein neues Kapitel der Astronomie: es stellte sich heraus, daß extreme UV-Strahlen nicht so extrem vom interstellaren Medium absorbiert wurden, als bis dahin angenommen. Der Gum-Nebel stellte sich bereits als sehr starker UV-Strahler heraus, der sich über 40 Grad bei 540 Ångstrøm über den Nachthimmel ausdehnt. Die Astronomen hatten ein neues Fenster entdeckt, durch das sie den Himmel beobachten konnten.


Neith, der Mond der Venus, 1672-1892

Im Jahre 1672 bemerkte Giovanni Domenico Cassini, einer der bekanntesten Astronomen jener Zeit, einen kleinen Begleiter nahe der Venus. Hat Venus einen Satelliten? Cassini entschied sich dazu, diese Beobachtung nicht bekanntzugeben, aber 14 Jahre später tauchte das Objekt 1686 wieder auf, und er nahm es in sein Journal auf. Das Objekt wurde auf circa ein Viertel der Masse der Venus geschätzt, und es zeigte Phasen wie die Venus. Später wurde das Objekt auch von anderen Astronomen entdeckt: 1740 von James Short, 1759 von Andreas Mayer, 1761 von J. L. Lagrange (Lagrange gab dabei bekannt, daß die Ebene der Umlaufbahn des Satelliten senkrecht auf der Ekliptik steht). Im Verlauf des Jahres 1761 wurde das Objekt insgesamt achtzehnmal von fünf Beobachtern gesehen. Die Beobachtungen von Scheuten am 6. Juni 1761 waren besonders interessant: er sah Venus im Transit über die Sonnenscheibe, begleitet von einem kleineren dunklen Flecken auf einer Seite, der der Venus auf ihrem Transit folgte. Trotzdem konnte Samuel Dunn in Chelsea, England, der ebenfalls diesen Transit beobachtete, diesen zusätzlichen Flecken nicht ausmachen. 1764 gab es acht Sichtungen durch zwei Beobachter. Andere versuchten, den Satelliten auch zu finden, schlugen aber dabei fehl.

Die astronomische Welt sah sich nun einer Kontroverse ausgesetzt: verschiedene Beobachter berichteten von Sichtungen dieses Satelliten, obwohl ihn andere trotz aller Anstrengungen nicht entdecken konnten. 1766 veröffentlichte Pater Hell, der Direktor der Wiener Sternwarte, die Ansicht, daß alle Beobachtungen des Objekts optische Täuschungen waren -- das Abbild der Venus sei so hell, daß es vom Augenhintergrund zurück in das Teleskop reflektiert wird und dann als kleineres Abbild zusätzlich zu sehen ist. Andere veröffentlichten Abhandlung des Inhalts, daß die Beobachtungen echt sind. J. H. Lambert aus Deutschland gab verschiedene Details im Berliner Astronomischen Jahrbuch 1777 heraus: durchschnittlicher Abstand 66,5 Venusradien, Umlaufdauer 11 Tage 3 Stunden, Neigung zur Ekliptik um 64 Grad. Man hoffte, den Satelliten während eines Transits vor der Sonne am 1. Juni 1777 entdecken zu können (offensichtlich ist Lambert bei der Berechnung dieser Details ein Fehler unterlaufen: bei 66,5 Venusradien wäre der Abstand zur Venus in etwa so groß wie der unseres Mondes zur Erde. Das wiederum paßt sehr schlecht zu einer Umlaufdauer von elf Tage oder überhaupt mehr als einem Drittel der Umlaufdauer unseres Mondes. Die Masse der Venus ist etwas geringer als die der Erde).

1768 gab es eine weitere Beobachtung dieses Satelliten durch Christian Horrebow in Kopenhagen. Wiederum gab es drei Suchaktionen, eine davon von einem der größten Astronomen aller Zeiten, William Herschel, durchgeführt -- alle drei schlugen darin fehl, auch nur irgendeinen Satelliten aufzuspüren. Ziemlich spät in diesem Spiel versuchte F. Schorr aus Deutschland einen Fall für diesen Mond in einem Buch aus dem Jahre 1875 zu stricken.

1884 unterbreitete M. Hozeau, der frühere Direktor des Königlichen Observatoriums zu Brüssel, eine andere Theorie. Aus den Analysen verfügbarer Beobachtungen schloß er, daß der Venusmond ungefähr alle 2,96 Jahre oder 1080 Tage in der Nähe der Venus auftauchte. Hozeau überlegte, es sei gar kein Mond der Venus, sondern ein eigener Planet, der die Sonne alle 283 umkreist und so alle 1080 Tage mit ihr in Konjunktion steht. Hozeau benannte ihn auch entsprechend Neith, nach der mysteriösen Göttin von Sais, deren Schleier kein Sterblicher heben konnte.

1887, drei Jahre, nachdem der „Mond der Venus“ von Hozeau wiederbelebt wurde, veröffentlichte die Belgische Akademie der Wissenschaften ein langes Papier, in dem jede einzelne festgehaltene Beobachtung en detail untersucht wurde. Verschiedene Beobachtungen waren tatsächlich Sterne, die in der Nähe der Venus gesehen worden waren. Roedkiers Beobachtungen „verabschiedeten“ sich ganz besonders gut -- er wurde, in dieser Reihenfolge, von Chi Orionis, M Tauri, 71 Orionis und Nu Geminorum verwirrt! James Short hatte tatsächlich einen Stern mit einer Magnitude unter einem Achtel gesehen. Sämtliche Beobachtungen von Le Verrier und Montaigne konnten ähnlich erklärt werden. Lamberts Orbitalberechnungen waren vernichtet. Die allerletzte Beobachtung, 1768 durch Horrebow, konnte Theta Librae zugeschrieben werden.

Nachdem dieses Papier erschienen war, wurde nur noch eine einzige Beobachtung von einem Mann dokumentiert, der vorher schon Anstalten zur Suche nach dem Venussatelliten machte, ihn aber nicht aufspüren konnte: am 13. August 1892 berichtete E. E. Barnard von einem Objekt mit einem Siebtel Magnitude in der Nähe der Venus. Es gibt keinen Stern an der Stelle, die Barnard aufzeichnete, und Barnards Augenlicht war notorisch exzellent. Wir wissen immer noch nicht, was er gesehen hat. War es vielleicht ein Asteroid, der noch nicht in Karten verzeichnet ist? Oder war es eine kurzfristige Nova, die sonst zufälligerweise niemand gesehen hat?


Der Zweite Erdmond, 1846-heute

1846 gab Frederic Petit, Direktor des Observatoriums in Toulouse, bekannt, daß ein zweiter Mond der Erde entdeckt worden war. Er war von zwei Entdeckern gesehen worden, Lebon und Dassier in Toulouse sowie durch einen dritten, Lariviere in Artenac, während des frühen Abend des 21. März 1846. Petit wollte herausgefunden haben, daß die Umlaufbahn elliptisch war, mit einer Periode von 2 Stunden 44 Minuten 59 Sekunden, einem Apogäum bei 3570 km und mit einem Perigäum von gerade einmal 11,4 km (!) oberhalb der Erdoberfläche. Le Verrier, der unter den Zuhörern saß, brummelte, man müsse dann einen Luftwiderstand mit in Betracht ziehen, etwas, das zu damaliger Zeit niemand hätte vollbringen können. Petit wurde von der Idee eines zweiten Erdmondes besessen, und erklärte 15 Jahre später, daß er Berechnungen über einen kleinen Mond angestellt hätte, der einige dann unerklärbare Besonderheiten in den Bewegungen unseres hauptsächlichen Mondes verursachen würde. Die Astronomen ignorierten dies, und die Idee wäre wohl vergessen worden, wenn nicht ein junger französischer Autor, Jules Verne, einen Auszug gelesen hätte. In Vernes Roman „Die Reise von der Erde zum Mond“ läßt Verne ein kleines Objekt nahe an der Kapsel der Reisenden vorbeifliegen, wodurch diese um den Mond herumfliegt anstatt auf ihm aufzuschlagen:

„Es ist“, sagte Barbicane, „ein simpler Meteorit, allerdings ein riesiger, als Satellit von der Erdanziehung zurückgehalten.“
„Ist das möglich?“, rief Michel Ardan, „die Erde hat zwei Monde?“
„Ja, mein Freund, sie hat zwei Monde, obwohl man gemeinhin glaubt, sie hätte nur einen. Aber dieser zweite ist so klein und seine Geschwindigkeit so hoch, daß die Bewohner der Erde ihn nicht sehen können. Durch die Beobachtung von Störungen konnte ein französischer Astronom, Monsieur Petit, die Existenz dieses Mondes bestimmen und seine Umlaufbahn berechnen. Nach ihm dauert ein kompletter Umlauf um die Erde drei Stunden und zwanzig Minuten. . . . “
„Erkennen alle Astronomen die Existenz dieses Satelliten an?“, fragte Nicholl
„Nein“, antwortete Barbicane, „aber wenn sie, wie wir, ihn hier oben getroffen hätten, könnten sie nicht länger an ihm zweifeln. . . . Das gibt uns aber eine Möglichkeit, unsere Position im Raum zu bestimmen . . . sein Abstand ist bekannt und wir waren demzufolge 7480 km über der Oberfläche des Globus, als wir ihn trafen.“

Jules Verne wurde von Millionen Lesern genossen, aber bis 1942 bemerkte niemand die Widersprüche in Vernes Text:

  1. Ein Satellit 7480 km oberhalb der Erdoberfläche hätte eine Periode von 4 Stunden 48 Minuten, nicht 3 Stunden 20 Minuten.
  2. Nachdem der zweite Mond von einem Fenster aus gesehen wurde, von dem aus der Mond nicht zu sehen war, während aber beide Körper sich näherten, müßte er gegenläufig kreisen, was eine Bemerkung wert gewesen wäre. Verne erwähnte dies nicht.
  3. In jedem Fall wäre der Satellit in der Dunkelheit des Erdschattens und daher nicht sichtbar. Die Kapsel verläßt den Erdschatten erst sehr viel später.

Dr. R.S. Richardson, Mount Wilson Observatorium, versuchte 1952, die Angaben in Einklang zu bringen, indem er einen exzentrischen Orbit dieses Mondes annahm: Perigäum bei 5010 km und Apogäum bei 7480 km oberhalb der Erdoberfläche, Exzentrizität 0,1784.

Trotz allem machte Jules Verne Petits zweiten Mond auf der ganzen Welt bekannt. Amateurastronomen kamen zu dem Schluß, daß sich hier eine Gelegenheit für Ruhm öffnete -- jeder, der diesen zweiten Mond entdecken würde, hätte seinen Namen sicher in die Annalen der Astronomie eingeschrieben. Kein bedeutendes Observatorium kümmerte sich jemals um das Problem des zweiten Erdmondes, oder falls es eins getan hat, bewahrte es Schweigen. Deutsche Astronomen jagten nach dem, was sie Kleinchen nannten -- natürlich fand niemand dieses Kleinchen.

W. H. Pickering widmete seine Aufmerksamkeit der Theorie des Gegenstandes: wenn der Satellit 320 km oberhalb der Oberfläche die Erde umkreist und wenn sein Durchmesser 30 cm beträgt, sollte er, bei gleichem Reflektionsvermögen wie der Mond, in einem dreizölligen Teleskop sichtbar sein. Ein drei Meter großer Satellit wäre sogar mit bloßem Auge erkennbar, bei einer Magnitude 5. Obwohl Pickering nicht nach dem Petitschen Objekt suchte, versuchte er, ein zweites Objekt zu finden -- einen Satelliten des Mondes („Über die fotografische Suche nach einem Satelliten des Mondes“, Populäre Astronomie, 1903). Das Resultat war negativ, und Pickering schloß daraus, daß ein Satellit unseres Mondes kleiner als ungefähr drei Meter sein mußte.

Pickerings Artikel über die Möglichkeit eines winzigen zweiten Mondes der Erde , „ein meteorischer Satellit“, erschien 1922 in der Populären Astronomie und verursachte weitere Verwirrung unter Amateurastronomen, weil sie eine virtuelle Aufforderung enthielt: „Ein 3- bis 5-zölliges Teleskop mit einem niedrigen Okular sollte am ehesten geeignet sein, um ihn zu finden. Es ist eine Gelegenheit für den Hobbyastronomen.“ Aber wieder blieben alle Anstrengungen fruchtlos.

Die ursprüngliche Idee war, daß das Gravitationsfeld des zweiten Mondes die Verantwortung für dann unerklärbare Unregelmäßigkeiten der Bewegungen unseres großen Mondes verantwortlich zeichnet. Dies bezog sich auf ein Objekt, das wenigstens mehrere Kilometer groß ist -- aber hätte ein solch großes Objekt existiert, wäre es schon von den Babyloniern gesehen worden. Selbst wenn es zu klein wäre, um eine Scheibe darzustellen, wäre es wegen der vergleichsweise großen Nähe sehr schnell und damit leicht zu erkennen gewesen, wie heutige Beobachter von künstlichen Satelliten und sogar von Flugzeugen wissen. Andererseits wäre niemand sehr interessiert an einem Mond, der zu klein ist, um gesehen zu werden.

Es gab noch verschiedene weitere Anregungen für weitere natürliche Satelliten der Erde. 1898 beanspruchte Dr. Georg Waltemath aus Hamburg die Entdeckung nicht nur eines einzelnen Mondes, sondern eines ganzen Systems winziger Monde. Waltemath machte genauere orbitale Angaben über einen dieser Monde: Abstand zur Erde 1,03 Millionen km, Durchmesser 700 km, Umlaufdauer 119 Tage, synodische Periode 177 Tage. „Manchmal“, sprach Waltemath, „scheint er wie die Sonne“ und dachte dabei an eine Sichtung in Grönland am 24. Oktober 1881 durch Lieut Greely, zehn Tage nachdem die Sonne zum polaren Winter untergegangen war. Das öffentliche Interesse war geweckt, nachdem Waltemath eine Passage vor der Sonne für den 2., 3. oder 4. Februar 1898 vorhergesagt hatte. Am 4. Februar beobachteten 12 Personen am Greifswalder Postamt (Herr Postdirektor Ziegel, Mitglieder seiner Familie sowie Postangestellte) die Sonne mit bloßem Auge, ohne irgendeinen Schutz vor dem grellen Licht. Man kann sich leicht vorstellen, welche Szene sich bot: ein imposant aussehender preußischer Beamter deutet durch sein Bürofenster auf den Himmel, während er laut Waltemaths Vorhersage einer Gruppe respektvoller Untergebener vorliest. Bei Befragungen besagten diese Zeugenaussagen, daß ein dunkles Objekt, das ungefähr ein Fünftel des scheinbaren Sonnendurchmessers umfing, zwischen 1 Uhr 10 und 2 Uhr 10 Berliner Zeit vor der Sonnenscheibe vorbeizog. Es wurde schnell als Fehler entlarvt, weil genau während dieser Stunde die Sonne von zwei erfahrenen Astronomen genau untersucht worden war, W. Winkler in Jena und Baron Ivo von Benko aus Pola, Österreich. Beide berichteten, daß lediglich völlig normale Sonnenflecken auf der Scheibe zu entdecken waren. Der Fehlschlag dieser und späterer Vorhersagen entmutigte Waltemath keineswegs, der weiterhin Vorhersagen machte und um Überprüfung bat. Zeitgenössische Astronomen waren immer wieder ganz schön irritiert, Fragen der Laien wie „Übrigens, wie ist das jetzt mit diesen neuen Monden?“ beantworten zu müssen. Aber die Astrologen blieben bei diesem Thema -- 1918 gab der Astrologe Sepharial diesem Mond den Namen Lilith. Er war der Meinung, daß er schwarz genug war, um fast die ganze Zeit unsichtbar zu sein, außer während der Opposition oder während eines Transits vor der Sonne. Sepharial konstruierte eine kurzlebige Lilith auf Grundlage der Beobachtungen, die Waltemath beanspruchte, gemacht zu haben. Er meinte, Lilith müßte in etwa die gleiche Masse besitzen wie der Mond, offensichtlich uneingedenk der Tatsache, daß ein solcher Satellit, ob sichtbar oder nicht, seine Existenz durch Einflüsse auf die Bewegung der Erde preisgegeben hätte. Und sogar heute noch wird „der dunkle Mond“ Lilith von manchen Astrologen beim Erstellen ihrer Horoskopen verwendet (s. Anm. 1).

Von Zeit zu Zeit wird von Beobachtern über „weitere Monde“ berichtet. Das deutsche astronomische Magazin „Die Sterne“ berichtete, daß ein deutscher Amateurastronom namens W. Spill einen zweiten Mond bei seinem Transit vor dem ersten Mond am 24. Mai 1926 entdeckt habe.

Um 1950, als die ersten Überlegungen über künstliche Satelliten angestellt wurden, erwartete jeder, daß es sich dabei um ausgebrannte Endstufen von Mehrstufenraketen handeln würde, die zwar keinen Sender an Bord haben, die aber vermittels Radar von der Erde aus verfolgt werden würden. In diesem Fall wäre ein Haufen kleiner, naher und natürlicher Satelliten sehr lästig gewesen, weil er die Radarstrahlen reflektiert hätte, die eigentlich für die Verfolgung der künstlichen Satelliten gedacht waren. Die Methode zur Suche nach solchen natürlichen Satelliten wurde von Clyde Tombaugh entwickelt: die Bewegung eines Satelliten in einer Höhe von z.B. 5000 km wird dabei berechnet. Anschließend wird eine Kameraplattform konstruiert, die den Himmel bei genau dieser Rate untersucht. Sterne, Planeten u. dgl. erscheinen dann als Linien auf den Fotos, die von dieser Kamera aufgenommen werden, während jeder Satellit in der korrekten Höhe als Punkt erscheint. Sollte sich der Satellit in einer ähnlichen Höhe aufhalten, würde er als kurze Strich auftauchen.

Die Observationen begannen 1953 am Lowell Observatorium und betraten dabei jungfräuliches Gelände: mit Ausnahme der Deutschen auf ihrer Suche nach „Kleinchen“ hatte niemand dem Raum zwischen Erde und Mond Aufmerksamkeit gewidmet! Im Herbst 1954 verbreiteten Wochenzeitschriften und Tageszeitungen mit hohem Ansehen, daß die Suche erste Resultate gebracht hätte: ein kleiner natürlicher Satellit in einer Höhe von 700 km und ein weiterer bei 1000 km. Ein General soll gefragt haben: „Sind die ganz sicher natürlich?“. Keiner schien tatsächlich zu wissen, woher diese Berichte stammten -- alles Suchen war vergeblich. Als die ersten künstlichen Satelliten 1957 und 1958 gestartet wurden, waren stattdessen sie jetzt in den Objektiven der Kameras.

Aber seltsam genug heißt das noch nicht, daß die Erde wirklich nur einen natürlichen Satelliten besitzt. Für kurze Zeit kann die Erde durchaus einen sehr nahen Trabanten besitzen. Meteoroiden, die an der Erde vorbeikommen und die obersten Atmosphärenschichten durchfliegen, können dabei genug Geschwindigkeit verlieren und in eine Umlaufbahn um die Erde eintreten. Aber nach dem Ein- und Austritt aus der obersten Atmosphäre bei jedem Perigäum, werden sie nicht lange bestehen können, vielleicht ein oder zwei Umläufe, unter Umständen vielleicht bis zu einhundert (circa 150 Stunden). Es gibt Anzeichen dafür, daß solche „vergänglichen Satelliten“ bereits gesichtet wurden; es könnte sogar so sein, daß Petits Beobachter solche entdeckt hatten.

Zur Möglichkeit dieser vergänglichen Satelliten gesellen sich noch zwei weitere. Eine wäre, daß der Mond seinerseits einen eigenen Satelliten besitzt -- obwohl trotz mehrfacher Suche keiner entdeckt werden konnte (heutzutage wissen wir, daß das Gravitationsfeld des Mondes unregelmäßig oder „klumpig“ genug wäre, daß die Umlaufbahn eines solchen Satelliten instabil wäre -- aus diesem Grund würde jeder Satellit innerhalb kurzer Zeit auf der Mondoberfläche einschlagen, nach ein paar Jahren oder möglicherweise nach einem Jahrzehnt). Die andere Möglichkeit besteht in der denkbaren Existenz von Trojanischen Satelliten, das sind weitere Satelliten auf der Umlaufbahn des Mondes, die sechzig Grad vor oder hinter dem Mond die Erde umkreisen.

Solche „Trojanischen Satelliten“ wurden zum ersten Male vom polnischen Astronomen Kordylewski vom Krakauer Observatorium berichtet. Er begann seine Suche 1951, optisch bei Verwendung eines guten Teleskops. Er hoffte, daß sich vernünftig große Körper auf der Mondumlaufbahn befinden, 60 Grad vom Mond entfernt. Die Suche blieb erfolglos, aber 1956 schlug sein Landsmann und Kollege Wilkowski vor, es könne doch viele kleine Körper geben, die zwar zu klein sind, um gesehen werden zu können, aber viele genug sein könnten, um als Staubwolke entdeckt zu werden. In diesem Falle wären sie am besten ohne Teleskop zu sehen, also mit bloßem Auge! Die Verwendung eines Teleskops würde sie „über ihre Existenz vergrößern“. Dr. Kordylewski war willens, es zu versuchen. Man benötigte eine dunkle Nacht mit klarem Himmel, in der der Mond unterhalb des Horizonts steht.

Im Oktober 1956 sah Kordylewski, zum ersten Mal, einen sehr hellen Schimmer an einer der beiden Positionen. Er war nicht klein, er umfaßte immerhin einen Winkel von zwei Grad (das ist in etwa viermal so groß wie der Mond selbst), und war sehr fein, nur ungefähr halb so hell wie der immer wieder Schwierigkeiten bereitende Gegenschein (einem hellen Schimmer im Zodikallicht, genau gegenüber der Sonne). Im März und April 1961 gelang es Kordylewski, Fotografien von zwei Wolken in der Nähe der erwarteten Positionen zu machen. Sie schienen sich zwar in ihrer Ausdehnung zu unterscheiden, dies könnte aber auch auf wechselnde Beleuchtung zurückzuführen sein. J. Roach entdeckte diese Wolkensatelliten 1975 vermittels der OSO (Orbiting Solar Observatory) 6 Sonde. 1990 wurden sie erneut fotografiert, diesmal durch den polnischen Astronomen Winiarski, der herausfand, daß sie wenige Grad Durchmesser besitzen, daß sie bis zu zehn Grad vom „trojanischen“ Punkt „abgewandert“ sind, und daß sie etwas rötlicher sind als das Zodikallicht.

So schien eine jahrhundertelange Suche nach einem zweiten Erdmond erfolgreich zu enden, auch wenn sich dieser „zweite Mond“ als etwas völlig anderes entpuppte, als irgend jemand vorher erwartet hatte. Sie sind schwer zu finden und vom Zodikallicht, insbesondere vom Gegenschein, zu unterschieden.

Es gibt aber immer noch Leute, die an einen zusätzlichen Erdsatelliten glauben. Zwischen 1966 und 1969 behauptete John Bargby, ein Amerikanischer Wissenschaftler, er habe mindestens zehn kleine natürliche Satelliten der Erde entdeckt, die nur mit einem Teleskop zu sehen seien. Bargby fand elliptische Orbitale für alle seine Objekte: Exzentrizität von 0,498, Halbachse 14065 km, bei perigäischen und apogäischen Höhen von 680 und 14700 km. Bargby hielt sie für Bruchstücke eines größeren Körpers, der im Dezember 1955 zerbrach. Er gründete seine vorgeschlagenen Satelliten auf vermeintliche Abweichungen künstlicher Satelliten von ihren Bahnen. Bargby benutzte dabei Daten aus dem Goddard Satellite Situation Report, uneingedenk der Tatsache, daß die Werte in dieser Publikation nur annähernd angegeben werden und manchmal grobe Fehler enthalten und daher keinesfalls für irgendeine präzise wissenschaftliche Analyse geeignet sind. Außerdem kann aus Bargbys beanspruchten Eigenbeobachtungen abgeleitet werden, daß Bargbys Satelliten im Perigäum mit Magnitude eins sichtbar sein müßten und daher leicht mit bloßem Auge zu entdecken, sie trotzdem aber noch niemand als solche gesehen hat.

1997 entdeckte Paul Wiegert (und andere), daß der 3753 Cruithne eine sehr seltsame Umlaufbahn besitzt und so als Begleiter der Erde aufgefaßt werden kann, obwohl er ganz sicher nicht die Erde direkt umkreist. Auch die Bahn von 2002 AA29 besitzt eine gewisse Abhängigkeit von der Erdumlaufbahn.


Die Monde des Mars, 1610, 1643, 1727, 1747, 1750, 1877-heute

Der erste, der einen Mond um den Mars vermutete, war 1610 Johannes Kepler. Beim Versuch, das Anagramm von Galileo in Bezug auf Saturns Ringe zu lösen, dachte Kepler, daß Galileo statt dessen einen Marsmond entdeckt hatte.

1643 behauptete der Kapuzinermönch Anton Maria Shyrl, er habe tatsächlich die Monde des Mars gesehen. Wir wissen heute, daß das mit den Teleskopen der damaligen Zeit unmöglich gewesen wäre -- möglicherweise wurde Shyrl von einem Stern in der Nähe des Mars getäuscht.

1727 schrieb Jonathan Swift in „Gullivers Reisen“ über zwei Monde, die den Mars umkreisen, die den Lilliputanischen Astronomen bekannt seien. Ihre Umlaufzeiten seien 10 und 21,5 Stunden. Diese „Monde“ wurden 1750 von Voltaire in seinen Roman „Micromegas“ übernommen, der von der Geschichte eines Riesen vom Sirius handelt, der unser Sonnensystem besucht.

1747 behauptete ein deutscher Hauptmann, Kindermann, daß er den (nur einen!) Mond des Mars am 10. Juli 1744 gesehen hat. Kindermann wußte von einer Umlaufdauer von 59 Stunden 50 Minuten und sechs Sekunden (!) zu berichten.

1877 entdeckte schließlich Asaph Hall Phobos und Deimos, die beiden kleinen Monde des Mars. Ihrer Umlaufzeiten liegen bei 7 Stunden 39 Minuten und 30 Stunden 18 Minuten, ziemlich nahe an den Zeiten, die Jonathan Swift 150 Jahre vorher geraten hatte!


Der vierzehnte Mond des Jupiter, 1975-1980

1975 fotografierte Charles Kowal (Entdecker des Kometen 95 P/Chiron) in Palomar ein Objekt, das er für einen neuen Satelliten des Jupiter hielt. Es wurde mehrfach gesichtet, aber nicht oft genug, um einen Orbit zu bestimmen, und verschwand dann. Es tauchte als Fußnote in Texten der späten Siebziger auf.

Und dann wurde er 2000 von S. S. Shepherd u. a. wiedergefunden!


Saturns Neunter und Zehnter Mond, 1861, 1905-1960, 1966-1980

Im April 1861 veröffentlichte Hermann Goldschmidt die Entdeckung eines neunten Mondes des Saturn, der den Planeten zwischen Titan und Hyperion umkreist. Er taufte den Mond Chiron (!). Dennoch wurde die Entdeckung nie bestätigt -- kein anderer sah jemals den Satelliten „Chiron“. Später entdeckte 1898 Pickering, was man heute als neunten Mond bezeichnet, Phoebe. Es war das erste Mal, daß ein Satellit eines anderen Planeten durch die Fotografie entdeckt wurde. Phoebe ist auch Saturns äußerster Mond.

1905 dachte Pickering, er habe einen zehnten Mond entdeckt, den er Themis taufte. Nach Pickering umkreist er Saturn zwischen Titan und Hyperion auf einer stark geneigten Bahn: durchschnittlicher Abstand zum Saturn 1.460.000 km, Umlaufdauer 20,85 Tage, Exzentrizität 0,23, Neigung 39 Grad. Themis wurde nie wieder gesichtet, tauchte aber dennoch in Almanachen und Astronomiebüchern der fünfziger und sechziger Jahre auf.

1966 entdeckte A. Dollfus einen weiteren neuen Mond des Saturn. Er wurde Janus getauft und umkreist Saturn knapp außerhalb der Ringe. Er war so fein und nahe der Ringe, daß er nur ausgemacht werden konnte, wenn die Ringe aus ihrer Ebene zu sehen sind, wie es 1966 der Fall war. Nun war Janus der zehnte Saturnmond.

1980, als die Saturnringe wieder flach zu sehen waren, brachten viele Beobachtungen eine Vielzahl neuer Monde in der Nähe der Ringaußenkante ein. Direkt bei Janus wurde ein weiterer Satellit entdeckt, den man Epimetheus taufte. Ihre Orbitale waren einander sehr nahe, und der interessanteste Aspekt dieses Satellitenpaares ist, daß sie regelmäßig ihre Umlaufbahnen tauschen! Es stellte sich heraus, daß der „Janus“, der 1966 entdeckt wurde, tatsächlich eine Beobachtung dieser koorbitalen Monde war. So stellte sich der zehnte Saturnmond von der Entdeckung 1966 als zwei unterschiedliche Monde heraus! Die Sonden Voyager 1 und Voyager 2, die kurz darauf den Saturn passiert haben, bestätigten dies.


Sechs Monde des Uranus, 1787

1787 veröffentlichte William Herschel die Entdeckung von sechs Satelliten des Uranus. Herschel machte hier einen Fehler -- nur zwei seiner sechs Monde gab es tatsächlich (Titania und Oberon, die größten und äußersten zwei Monde), die anderen vier waren lediglich Sterne, die in der Nähe zu sehen waren (...mich deucht, die Geschichte hörten wir bereits.... :-)


Planet X, 1841-1992

1841 begann John Couch Adams mit der Erforschung der bis dato ungeklärten Unregelmäßigkeiten in den Bewegungen des Uranus. 1845 schloß sich, unabhängig davon, Urbain Le Verrier dabei an. Adams präsentierte zwei unterschiedliche Lösungen, wobei er davon ausging, daß die Abweichungen durch die Anziehungskräfte eines unbekannten Planeten verursacht werden. Adams versuchte seine Lösungen dem Greenwich Observatorium zu präsentieren, aber nachdem er jung und unbekannt war, nahm man ihn nicht ernst. Urbain Le Verrier präsentierte seine Lösung 1846, aber in Frankreich mangelte es an den nötigen Ressourcen, um einen Planeten zu lokalisieren. Le Verrier wandte sich danach an das Observatorium in Berlin, wo Galle und sein Assistent d'Arrest Neptun am Abend des 23. September 1846 gefunden hatten. Heutzutage teilen sich Adams und Le Verrier die Ehre, die Existenz und Position des Neptun vorhergesagt zu haben.

(Inspiriert durch diesen Erfolg nahm Le Verrier das Problem der Abweichungen von Merkurs Orbit in Angriff und vermutete die Existenz eines inner-merkurischen Planeten, Vulcan, der sich später als nichtexistent herausstellte).

Am 30. September 1846, eine Woche nach der Neptun-Entdeckung, erklärte Le Verrier, daß dort draußen noch ein weiterer unbekannter Planeten sein dürfte. Am 10. Oktober wurde Neptun großer Mond Triton entdeckt, der eine einfache Möglichkeit zur akkuraten Bestimmung der Bewegungen des Neptun lieferte, welcher sich als 2 % größer herausstellte als nach den Einflüssen auf Uranus erwartet. Es schien, als seien die Abweichungen in den Bewegungen des Uranus von zwei Planeten hervorgerufen -- zusätzlich stellte sich heraus, daß die Umlaufbahn des Neptun entscheidend von den Vorhersagen von sowohl Adams wie auch Le Verrier abwich.

1850 beobachtete Ferguson die Bewegung des Asteroiden Hygeia. Einer der Leser von Fergusons Bericht war Hind, der den Bezugsstern von Ferguson überprüfte. Hind konnte diesen Bezugsstern nicht finden. Maury, vom Naval Observatory, konnte ebenfalls diesen Stern nicht aufspüren. Für ein paar Jahren wurde daran geglaubt, daß es sich dabei um einen weiteren Planeten handelte, aber 1879 wurde eine andere Erklärung angeboten: Ferguson war bei der Aufzeichnung seiner Beobachtung ein Fehler unterlaufen -- nach der Korrektur dieses Fehlers paßte ein anderer Stern zu diesem 'fehlenden Bezugsstern'.

Der erste seriöse Versuch, einen Planeten hinter Neptun zu finden, unternahm 1877 David Todd. Er benutzte dabei eine „graphische Methode“, und trotz der restlichen Unschlüssigkeiten des Uranus leitete er Eigenschaften eines Planeten hinter Neptun her: durchschnittlicher Abstand 52 AE, Umlaufperiode 375 Jahre, Magnitude feiner als 13. Die Länge für 1877,84 war mit 170 Grad bei einer Ungenauigkeit von 10 Grad gegeben. Die Neigung betrug 1,40 Grad und die Länge des zunehmenden Knotens 103 Grad.

Im Jahre 1879 fügte Camille Flammarion einen weiteren Hinweis auf die Existenz eines Planeten hinter Neptun hinzu: die Aphelien periodischer Kometen neigten zu einer Häufung um die Bahnen der Planeten. Jupiter hatte eine große Ansammlung solcher Kometen, und Saturn, Uranus und Neptun besaßen auch jeweils ein paar. Flammarion fand zwei Kometen, 1862 III mit einer Periode von 120 Jahren und einem Aphel bei 47,6 AE, und 1889 II, mit einer etwas längeren Periode und einem Aphel bei 49,8 AE. Flammarion schlug vor, daß sich der hypothetische Planet möglicherweise bei 45 AE bewegt.

Ein Jahr später veröffentlichte 1880 Professor Forbes eine Kurzabhandlung über die Aphelien von Kometen und ihre Annäherung an die Orbitale von Planeten. Um 1900 war von fünf Kometen bekannt, daß ihr Aphel außerhalb der Neptunbahn lag, und daraufhin schlug Forbes einen Planeten hinter Neptun vor, der sich mit einem Abstand von ca. 100 AE bewegte sowie einem weiteren bei 300 AE, mit Perioden von 1000 und 5000 Jahren.

Während der nächsten fünf Jahre veröffentlichten verschiedene Astronomen/Mathematiker ihre eigenen Ideen davon, was man im äußeren Sonnensystem finden könnte. Gaillot vom Pariser Observatorium nahm zwei trans-neptunische Planeten bei 45 und 60 AE an. Thomas Jefferson Jackson See sagte drei Planeten hinter Neptun vorher: „Oceanus“ bei 41,25 AE mit einer Periode von 272 Jahren, „trans-Oceanus“ bei 56 AE mit einer Periode von 420 Jahren, und schließlich einen weiteren bei 72 AE mit einer Periode von 610 Jahren. Dr. Theodor Grigull aus Münster, Deutschland, nahm 1902 einen Planeten von der Größe des Uranus bei 50 AE mit einer Periode von 360 Jahren an, den er „Hades“ taufte. Grigull gründete seine Arbeit hauptsächlich auf die Umlaufbahnen der Kometen, deren Aphelien außerhalb von Neptuns Bahn liegen, mit einer Kreuzprüfung, ob die Anziehungskraft eines solchen Körpers die beobachteten Abweichungen der Bewegungen des Uranus verursachen könnte. 1921 revidierte Grigull die Umlaufperiode von „Hades“ auf 310-330 Jahre, um sie den beobachteten Abweichungen anzupassen.

Im Jahre 1900 veröffentlichte Hans-Emil Lau, Kopenhagen, Details über die zwei trans-neptunische Planeten bei 46,6 und 70,7 AE Abstand bei 9- und 47,2-fachen Massen der Erde sowie einer Magnitude des näheren Planeten um 10 bis 11. Die Längen von 1900 dieser beiden hypothetischen Körper waren 274 und 343 Grad, beide bei einer sehr großen Ungenauigkeit von 180 Grad.

1901 leitete Gabriel Dallet einen hypothetischen Planeten bei 47 AE mit einer Magnitude von 9,5 bis 10,5 und einer Länge von 358 Grad in 1900 ab. Im gleichen Jahr leitete auch Theodor Grigull einen Planeten hinter Neptun mit weniger als 6 Grad Entfernung von Dallets Planeten her, wobei er den Unterschied später bis auf 2,5 Grad reduzieren konnte. Dieser Planet wurde bei 50,6 AE Abstand vermutet.

1904 unterbreitete Thomas Jefferson Jackson See drei trans-neptunische Planeten, bei 42,25, bei 56 und bei 72 AE. Der innere Planet hatte eine Periode von 272,2 Jahren und eine Länge von 200 Grad im Jahr 1904. Ein russischer General namens Alexander Garnowsky schlug vier hypothetische Planeten vor, schlug aber bei dem Versuch fehl, irgend welche Details zu ihnen zu liefern.

Die beiden sorgfältigsten Ausarbeitungen über Vorhersagen von Trans-Neptun waren beide amerikanischer Provenienz: Pickerings „Eine Suche nach einem Planeten hinter Neptun“ ("A search for a planet beyond Neptune", Annals Astron. Obs. Harvard Coll, vol LXI part II 1909), und Percival Lowell's „Abhandlung über einen trans-neptunischen Planeten“ ("Memoir on a trans-Neptunian planet", Lynn, Mass 1915). Beide beschäftigten sich zwar mit dem selben Gegenstand, aber dabei wurden zwei unterschiedliche Vorgehensweisen benutzt und unterschiedliche Ergebnisse erzielt.

Pickering benutzte eine grafische Analyse und unterbreitete einen „Planet O“ bei 51,9 AE mit einer Periode von 373,5 Jahren, einer Masse doppelt so groß wie die der Erde und einer Magnitude von 11,5 bis 14. Pickering schlug außerdem acht weitere transneptunische Planeten im Verlauf der folgenden 24 Jahre vor. Pickerings Ergebnisse veranlaßten Gaillot, die Abstände seiner beiden trans-Neptune auf 44 und 66 AE zu revidieren, und gab ihnen Massen vom 5- und 24-fachen der Erde.

Alles in allem präsentierte Pickering, von 1908 bis 1932, sieben hypothetische Planeten -- O, P, Q, R, S, T und U. Die letztendlichen Details für O und P definieren vollständig unterschiedliche Körper als die ursprünglichen, so daß insgesamt neun gezählt werden können, mit Sicherheit der Rekord für planetarische Prognosen. Die meisten von Pickerings Vorhersagen sind lediglich als Kuriositäten interessant. 1911 proklamierte Pickering, der Planet Q habe die Masse von 20.000 Erden, also 63-mal soviel Masse als Jupiter oder in etwa ein Sechstel der Masse der Sonne, knapp an der Mindestmasse eines Sterns. Pickering sagte für den Planeten Q ein stark elliptisches Orbit voraus.

In späteren Jahren zog lediglich der Planet P sein ernstes Interesse auf sich. 1928 reduzierte er die Distanz von P von 123 auf 67,7 AE, und seine Periode von 1400 auf 556,6 Jahre. Er gab P die 20-fache Erdmasse und eine Magnitude 11. 1931, nach der Entdeckung von Pluto, bestimmte er eine andere elliptische Umlaufbahn von P: Abstand 75,5 AE, Periode 656 Jahre, 50 Erdmassen, Exzentrizität 0,265, Neigung 37 Grad, nahe an den Werten, die er 1911 angab. Sein Planet S, erklärt im Jahre 1928 und 1931 mit Details versehen, wurde auf eine Entfernung von 48,3 AE versetzt (sehr nahe an Lowells Planet X bei 47,5 AE), Periode 336 Jahre, fünf Erdmassen, Magnitude 15. 1929 brachte Pickering den Planeten U ein, Abstand 5,79 AE, Periode 13,93 Jahre, d.h. knapp außerhalb der Jupiterbahn. Seine Masse sollte 0,045 Erdmassen betragen, Exzentrizität 0,26. Der letzte von Pickerings Planeten war der Planet T, vorgeschlagen 1931: Abstand 32,8 AE, Periode 188 Jahre.

Pickerings unterschiedliche Details für seinen Planeten O waren:

      Ø Abstand  Periode   Erdmassen  Magnitude  Knot Neig Länge
1908    51,9     373,5 J    doppelt   11,5-13,4            105,13
1919    55,1     409   J                  15      100  15
1928    35,23    209,2 J     halb         12

Percival Lowell, am besten bekannt als Befürworter von Kanälen auf dem Mars, baute ein privates Observatorium in Flagstaff, Arizona. Lowell nannte seinen hypothetischen Planeten Planet X und begab sich mehrfach auf die Suche danach, ohne Erfolg. Lowells erste Suche nach dem Planet X fand ihr Ende 1909, aber 1913 startete er eine zweite Suche, mit neuen Vorhersagen für den Planeten X: Epoche 1850-01-01, mittlere Länge 11,67 Grad, Länge des Perihels 186 Grad, Exzentrizität 0,228, mittlere Entfernung 47,5 AU. Länge im aufsteigenden Knoten 110,99 Grad, Neigung zur Ekliptik 7,30 Grad bei einem einundzwanzigtausendstel Sonnenmassen. Lowell und andere suchten vergeblich nach diesem Planet X von 1913 bis 1915. 1915 veröffentlichte Lowell seine theoretischen Ergebnisse über den Planeten X. Es grenzt an Ironie, daß in genau diesem Jahr, 1915, zwei feine Aufnahmen von Pluto gemacht wurden, die aber als solche nicht bis nach Plutos Entdeckung (1930) erkannt wurden. Lowells Fehlschlag bei der Suche nach dem Planeten X war die größte Enttäuschung seines Lebens. Er brachte während der letzten beiden Jahre seines Lebens nicht viel Zeit mit der Suche nach dem Planeten X zu. Lowell starb 1916. Auf den knapp 1000 Platten, die aus dieser zweiten Suche resultierten, waren 515 Asteroiden, 700 unstetige Sterne und zwei Aufnahmen von Pluto!

Die dritte Suche nach Planet X begann im April 1927. 1927-1928 war kein Fortschritt zu verzeichnen. Im Dezember 1929 wurde ein junger Bauernsohn und Amateurastronom, Clyde Tombaugh aus Kansas, für diese Suche engagiert. Tombaugh nahm bereist im April 1929 die Arbeit auf. Am 23. und 29. Januar belichtete das Paar Platten, auf dem er während seiner Untersuchung am 18. Februar Pluto fand. Bis dahin hatte Tombaugh hunderte solcher Plattenpaare und Millionen Sterne untersucht. Die Suche nach dem Planeten X hatte ein Ende gefunden.

Tat sie das? Der neue Planet, der später Pluto getauft wurde, stellte sich als enttäuschend klein heraus, vielleicht nur mit der Masse der Erde oder wahrscheinlich nur um ein Zehntel der Erdmasse oder noch kleiner (1979, als Plutos Satellit Charon entdeckt wurde, stellte sich die Masse des Pluto-Charon-Paares als ungefähr ein Vierhundertstel der Erdmasse heraus!). Der Planet X muß, wenn er die Abweichungen der Umlaufbahn des Uranus verursachen sollte, wesentlich größer sein! Tombaugh setzte die Suche weitere 13 Jahre fort, und untersuchte den Himmel vom Himmelsnordpol bis auf eine Länge von 50 Grad Süd, bis zu einer Magnitude von 16-17, manchmal sogar 18. Tombaugh untersuchte an die 90 Millionen Aufnahmen von 30 Millionen Sternen über mehr als 30.000 Quadratgrad am Himmel. Er fand einen neuen Kugelhaufen, fünf neue offenen Sternhaufen, einen neuen Supercluster aus 1800 Galaxien und verschiedene neue kleine Galaxiehaufen, einen neuen Kometen, in etwa 775 neue Asteroiden -- aber keinen neuen Planeten außer Pluto. Tombaugh schloß daraus, daß es keinen unbekannten Planeten gibt, der eine Magnitude heller als 16,5 besitzt -- nur ein Planet mit fast polarem Orbit an der Stelle des Himmelssüdpols wäre dieser Untersuchung entgangen. Sie hätte einen Planeten von der Größe des Neptuns bei siebenfacher Entfernung des Plutos entdeckt, oder einen Planet der Größe Plutos bis zu einer Entfernung von 60 AE.

Die Benennung des Pluto ist eine Geschichte für sich. Frühe Vorschläge als Namen des neuen Planeten waren: Atlas, Zymal, Artemis, Perseus, Vulcan, Tantalus, Idana, Chronos. Die New York Times schlug Minerva vor, Reporter Osiris, Bacchus, Apollo, Erebus. Lowells Witwe schlug Zeus vor, änderte diese Meinung aber zugunsten von Constance. Viele Leute schlugen vor, der Planet sollte Lowell benannt werden. Die Angestellten des Flagstaff-Observatoriums, wo Pluto entdeckt wurde, schlugen Chronos, Minerva und Pluto vor. Wenige Monate später wurde der Planet offiziell Pluto benannt. Der Name Pluto wurde ursprünglich von Venetia Burney, einer elfjährigen Schüler aus Oxford, England, vorgeschlagen.

Der allererste Orbit, der für Pluto errechnet wurde, lieferte eine Exzentrizität von 0,909 und eine Periode von 3000 Jahren! Dies warf neue Zweifel darüber auf, ob es sich um einen Planeten handelt oder nicht. Wie auch immer, ein paar Monate später waren bessere Orbitaldaten für Pluto verfügbar. Unten findet sich ein Vergleich der Orbitaldaten von Lowells Planet X, Pickerings Planet O und Pluto:

                          Lowells X    Pickerings  O    Pluto

a (Ø Abstand)               43,0            55,1          39,5
e (Exzentrizität)            0,202           0,31          0,248
i (Neigung)                 10              15            17,1
N (Länge zunehm. Knoten)  (nicht err.)     100           109,4
W (Länge des Perihel)      204,9           280,1         223,4
T (Perihel Datum)         Febr 1991       Jan 2129      Sept 1989
u (Ø jährliche Bewegung)     1,2411          0,880         1,451
P (Periode in Jahren)      282             409,1         248
T (Perihel Datum)         1991,2          2129,1        1989,8
E (Länge 1930,0)           102,7           102,6         108,5
m (Masse, Erde=1)            6,6             2,0           0,002
M (Magnitude)               12-13           15            15

Die Masse des Pluto war sehr schwer zu bestimmen. Verschiedene Werte waren zu verschiedenen Zeiten angegeben worden -- der Gegenstand war nicht gesichert, bis James W. Christy Plutos Mond Charon im Juni 1978 entdeckte -- es wurde darauf hin bewiesen, daß Pluto nur 20% der Masse unseres Mondes besitzt! Dies machte Pluto hoffnungslos zu klein, um gravitative Abweichungen auf Uranus und Neptun zu veranlassen. Pluto konnte nicht Lowells Planet X sein -- der gefundene Planet war nicht der gesuchte. Was aussah wie ein weiterer Triumph der Himmelsmechanik, stellte sich als Unfall heraus -- oder noch eher als Resultat der Intelligenz und Sorgfalt von Clyde Tombaughs Suche.

Die Masse des Pluto:

    Crommelin 1930:     0,11      (in Erdmassen)
    Nicholson 1931:     0,94
    Wylie, 1942:        0,91
    Brouwer, 1949:      0,8-0.9
    Kuiper, 1950:       0,10
    1965:              <0,14    (Verdeckung eines feinen Sterns durch Pluto)
    Seidelmann, 1968:   0,14
    Seidelmann, 1971:   0,11
    Cruikshank, 1976:   0,002
    Christy, 1978:      0,002   (Entdeckung Charons)

Von einem weiteren Verdacht auf die Existenz eines Objekts hinter Neptun wurde am 22. April 1930 von R.M. Stewart in Ottawa, Kanada, berichtet -- er bezog sich auf Platten, die 1924 belichtet wurden. Crommelin berechnete einen Orbit (Abstand 39,82 AE, zunehmender Knoten 280,49 Grad, Neigung 49,7 Grad!). Tombaugh suchte nach dem „Ottawa Objekt“, konnte es aber nicht finden. Es wurden auch verschiedene andere Suchaktionen unternommen, aber es konnte nichts entdeckt werden.

In der Zwischenzeit ließ Pickering nicht davon ab, neue Planeten vorherzusagen (siehe oben). Und auch andere sagten neue Planeten nach theoretischen Grundlagen voraus (Lowell selbst hatte einen zweiten trans-neptunischen Planeten bei ungefähr 75 AE vorhergesagt). 1946 vermutete Francis M. E. Sevin einen trans-Plutonischen Planeten bei 78 AE. Er leitete dies aus einer seltsamen empirischen Methode ab, bei der er die Planeten und den sprunghaften Asteroiden Hidalgo in zwei Gruppen in innere und äußere Gruppen einteilte:

   Gruppe I:    Merkur    Venus   Erde     Mars   Asteroiden Jupiter
   Gruppe II:     ?       Pluto   Neptun   Uranus  Saturn    Hidalgo

Anschließend addierte er die Logarithmen der Perioden jedes dieser Planetenpaare, und dabei entdeckte er eine im Groben konstante Summe von 7,34. Unter der Annahme, daß diese Summe auch für Merkur und einen Planeten hinter Pluto gilt, langte er bei einer Umlaufdauer von 677 Jahren für „Transpluto“ an. Später erarbeitete Sevin eine vollständige Liste von Eigenschaften für „Transpluto“: Abstand 77,8 AE, Periode 685,8 Jahre, Exzentrizität 0,3, Masse, 11,6-fache Erdmasse. Seine Vorhersagen erregten wenig Interesse unter Astronomen.

1950 benutzte K. Schutte aus München die Daten von acht periodischen Kometen für einen Vorschlag eines trans-plutonischen Planeten bei 77 AE. Vier Jahre später erweiterte und verfeinerte H. H. Kitzinger aus Karlsruhe unter Verwendung derselben acht Kometen diese Arbeit, wobei er herausfand, daß sich der Planet bei 65 AE aufhalten, eine Umlaufdauer von 523,5 Jahren und eine orbitale Neigung um 56 Grad haben müßte, wobei eine Größe von Magnitude 11 zu erwarten wäre. 1957 überarbeitete Kitzinger das Problem und bekam neue Details: Abstand 75,1 AE, Periode 650 Jahre, Neigung 40 Grad, Magnitude um 10. Nach erfolglosen fotographischen Suchaktionen überarbeitete er das Problem 1959 erneut, und erreichte einen durchschnittlichen Abstand von 77 AE, einer Periode von 675,7 Jahren, einer Neigung von 38 Grad und einer Exzentrizität von 0,07, also einem Planeten, der Sevins „Transpluto“ und in mancher Hinsicht auch Pickerings letztendlichem Planet P nicht unähnlich war. Dennoch wurde niemals ein derartiger Planet gefunden.

Der Halleysche Komet wurde ebenfalls zur „Untersuchung“ eines trans-plutonischen Planeten herangezogen. 1942 fand R. S. Richardson heraus, daß ein Planet mit der Größe der Erde bei 36,2 AE, oder 1 AE hinter dem Aphel Halleys, die Perihelpassage Halleys erniedrigte, so daß er besser zu den Beobachtungen paßte. Ein Planet bei 35,3 AE mit 0,1-facher Erdmasse würde einen ähnlichen Effekt erzeugen. 1972 sagte Brady einen Planeten bei 59,9 AE mit einer Periode von 464 Jahren, einer Exzentrizität von 0,07 und einer Neigung von 120 Grad (d.h. in einem gegenläufigen Orbit) sowie einer Magnitude von 13-14 bei einer Größe, die in etwa dem Saturn entspricht, voraus. Ein derartiger trans-plutonischer Planet würde die Reste des Halleyschen Kometen bis zur 1456 Perihelpassage zurücksetzen. Nach diesem gigantischen trans-plutonischen Planeten wurde ebenfalls gesucht, aber ohne Ergebnis.

Tom van Flandern untersuchte in den Siebziger Jahren die Positionen von Uranus und Neptun. Die berechnete Umlaufbahn Neptuns paßte nur ein paar Jahre lang zu Beobachtungen, danach schien er abzutreiben. Der Uranusorbit deckte sich für einen Umlauf mit den Berechnungen, aber nicht während des vorangegangenen. 1976 wuchs in Tom van Flandern die Überzeugung, daß es einen zehnten Planeten gibt. Nach der Entdeckung von Charon 1978 stellte sich die Masse von Pluto als viel geringer heraus als angenommen wurde, und so überzeugte van Flandern seinen USNO-Kollegen Robert S. Harrington von der Existenz dieses zehnten Planeten. Beide fingen an, anläßlich einer gemeinsamen Untersuchung des Neptunischen Satellitensystems zusammenzuarbeiten. Bald teilten sich ihre Ansichten. Van Flandern dachte, der zehnte Planet wurde hinter der Umlaufbahn von Neptun geformt, während Harrington glaubte, daß er zwischen den Bahnen von Uranus und Neptun entstanden ist. Van Flandern dachte, daß mehr Daten benötigt werden würden, wie zum Beispiel die genauere Messung der Masse des Neptun, die Voyager 2 lieferte. Harrington startete seine Suche nach dem Planeten mit nackter Gewalt -- er begann 1979, und bis 1987 konnte er keinen Planeten entdecken. Van Flandern und Harrington schlugen vor, daß sich der Planet auf einer extrem elliptischen Umlaufbahn gerade am Perihel befindet. Falls der Planet dunkel ist, könnte er die Feinheit der Magnitude 16-17 besitzen, offerierte van Flandern.

1987 schlugen Whitmire und Matese einen zehnten Planeten bei 80 AE mit einer Periode von 700 Jahren bei einer Neigung von vielleicht 45 Grad, als Alternative zu ihrer „Nemesis“-Hypothese. Wie auch immer, nach Eugene M. Shoemaker konnte dieser Planet keine Meteorschauer verursachen, wie sie Whitmire und Matese angenommen hatten (siehe unten).

1987 untersuchte John Anderson am Jet Propulsion Laboratory JPL die Bewegungen der Sonden Pioneer 10 und Pioneer 11 um herauszufinden, ob irgendwelche Abweichungen verursacht von unbekannten Schwerkräften festzustellen sind. Nichts wurde entdeckt -- daraus schloß Anderson, daß ein zehnter Planet höchstwahrscheinlich existiert! JPL hatte Beobachtungen des Uranus vor 1910 ausgeschlossen, wobei auch Anderson Kenntnis von früheren Beobachtungen hatte. Anderson schloß, daß der zehnte Planet ein stark elliptisches Orbit besitzt, das ihn weit entfernt genug führt, um nun gerade nicht mehr nachgewiesen werden zu können, regelmäßig aber wieder nahe genug heranbringt, um seine störende Unterschrift auf die Pfade der äußeren Planeten leisten zu können. Er nahm die fünffache Erdmasse an, eine Umlaufdauer von etwa 700 bis 1000 Jahre, und ein stark geneigtes Orbit. Seine Einflüsse auf die äußeren Planeten würden bis in das Jahr 2600 nicht mehr nachzuweisen sein. Anderson hoffte, daß die beiden Voyagers helfen würden, den Aufenthaltsort dieses Planeten einzukreisen.

Conley Powell vom JPL analysierte ebenfalls die planetarischen Bewegungen. Auch er stellte fest, daß die Beobachtungen des Uranus plötzlich viel besser nach 1910 paßten als zuvor. Powell nahm einem Planeten von 2,9-facher Erdmasse bei 60,8 AE von der Sonne entfernt an, Periode 494 Jahre, Neigung 8,3 Grad und eine nur geringe Exzentrizität. Powell war vom Gedanken gefesselt, daß die Periode annähernd doppelt so lange wie die des Pluto und dreimal so lange wie die des Neptun ist, was nahelegt, daß der Planet, von dem er dachte, er habe ihn gesehen, von seinen Nachbarn der näheren Umgebung trotz der weiten Entfernungen durch wechselseitige Kopplungen stabilisiert wird. Die Lösung bedeutete, daß er sich im Sternzeichen Zwilling aufhalten müsse, und dort heller scheint als Pluto zur Zeit seiner Entdeckung. Eine Suche nach Powells Planeten wurde 1987 am Lowell Observatorium durchgeführt -- nichts ward gefunden. Powell überprüfte seine Lösung und revidierte die Details: 0,87 Erdmassen, Abstand 39,8 AE, Periode 251 Jahre, Exzentrizität 0,26, d.h. ein Orbit sehr ähnlich dem des Pluto! Augenblicklich sollte sich Powells neuer Planet im Sternzeichen Löwe aufhalten, mit einer Magnitude 12, dennoch hält Powell eine Suche danach für voreilig, er müsse seine Daten weiter verfeinern.

Auch wenn kein trans-plutonischer Planet gefunden wurde, konzentrierte sich das Interesse dennoch auf die äußeren Regionen unseres Sonnensystems. Der sprunghafte Asteroid Hidalgo, der zwischen Jupiter und Saturn kreisen soll, wurde bereits erwähnt. Zwischen 1977 und 1984 führte Charles Kowal eine weitere systematische Suche nach unentdeckten Körpern im Sonnensystem durch, wobei er das 48-zöllige Schmidt-Teleskop am Palomar Observatorium benutzte. Im Oktober 1987 fand er den Asteroiden 1977 UB, später in Chiron umbenannt, der sich im wesentlichen bei einer Entfernung von 13,7 AE bewegt, Periode 50,7 Jahre, Exzentrizität 0,3786, Neigung 6,923 Grad, Durchmesser circa 50 km. Im Verlauf dieser Suche fand Kowal 5 Kometen und 15 Asteroiden, Chiron inklusive, der bei seiner Entdeckung entfernteste bekannte Asteroid. Kowal fand auch 4 verlorene Kometen und einen verlorenen Asteroiden. Kowal fand indes keinen zehnten Planeten und schloß daraus, daß es keinen unbekannten Planeten mit zwanzigster Magnitude innerhalb von 3 Grad um die Ekliptik gibt.

Chiron wurde zwar zunächst als „zehnter Planet“ deklariert, wurde aber sofort danach als Asteroid umklassifiziert. Aber Kowal vermutete, daß er sehr kometenähnlich sein dürfte, und später entwickelte er tatsächlich einen kurzen Kometenschweif! 1995 wurde Chiron auch als Komet eingestuft - er ist mit Sicherheit der größte Komet, den wir kennen.

1992 wurde ein noch weiter entfernter Asteroid aufgespürt: Pholus. Später im Jahre 1992 wurde ein Asteroid außerhalb des Plutoorbits gefunden, gefolgt von fünf weiteren 1993 und schließlich einem Dutzend 1994!

In der Zwischenzeit reisten die Raumsonden Pioneer 10 und 11 sowie Voyagers 1 und 2 aus dem Sonnensystem hinaus und könnten daher als „Proben“ für unbekannte Gravitationsfelder von möglicherweise existenten unbekannten Planeten Verwendung finden -- nichts wurde gefunden. Die Voyagers erzielten auch viel genauere Daten über die Massen der äußeren Planeten -- nachdem diese aktualisierten Daten in die numerischen Gegebenheiten des Sonnensystems eingesetzt wurden, verschwanden die Abweichungen der Positionen bei den äußeren Planeten. Es schien, als habe die Suche nach dem Planeten X ein Ende gefunden. Es gab keinen „Planeten X“ (Pluto zählt nicht wirklich), aber statt dessen wurde ein Asteroidengürtel außerhalb von Neptun/Pluto gefunden! Die Asteroiden außerhalb der Jupiterbahn, die im August 1993 bekannt waren, wie folgt:

Asteroid    a       e      Neig     Knot   Arg perih ØWinkel  Per  Name
            AE             Grad     Grad     Grad     Grad    Jahr

 944     5,79853 0,658236 42,5914  21,6567  56,8478  60,1911  14,0 Hidalgo
2060    13,74883 0,384822  6,9275 209,3969 339,2884 342,1686  51,0 Chiron
5145    20,44311 0,575008 24,6871 119,3877 354,9451   7,1792  92,4 Pholus
5335    11,89073 0,866990 61,8583 314,1316 191,3015  23,3556  41,0 1991DA

1992QB1 43,82934 0,087611  2,2128 359,4129  44,0135 324,1086  290  „Smiley“
1993FW  43,9311  0,04066   7,745  187,914  359,501    0,4259  291  „Karla“

                  Epoche:  1993-08-01.0  TT

Im November 1994 waren diese Asteroiden hinter Neptun bekannt:

Objekt     a     e     Neig     R Mag    Ø      Entdeckg  Entdecker
           AE          Grad             km       Datum

1992 QB1  43,9  0,070    2,2    22,8    283     1992 Aug  Jewitt & Luu
1993 FW   43,9  0,047    7,7    22,8    286     1993 Mär  Jewitt & Luu
1993 RO   39,3  0,198    3,7    23,2    139     1993 Sep  Jewitt & Luu
1993 RP   39,3  0,114    2,6    24,5     96     1993 Sep  Jewitt & Luu
1993 SB   39,4  0,321    1,9    22,7    188     1993 Sep  Williams u.a.
1993 SC   39,5  0,185    5,2    21,7    319     1993 Sep  Williams u.a.
1994 ES2  45,3  0,012    1,0    24,3    159     1994 Mär  Jewitt & Luu
1994 EV3  43,1  0,043    1,6    23,3    267     1994 Mär  Jewitt & Luu
1994 GV9  42,2  0,000    0,1    23,1    264     1994 Apr  Jewitt & Luu
1994 JQ1  43,3  0,000    3,8    22,4    382     1994 Mai  Irwin u.a.
1994 JR1  39,4  0,118    3,8    22,9    238     1994 Mai  Irwin u.a.
1994 JS   39,4  0,081   14,6    22,4    263     1994 Mai  Luu & Jewitt 
1994 JV   39,5  0,125   16,5    22,4    254     1994 Mai  Jewitt & Luu 
1994 TB   31,7  0,000   10,2    21,5    258     1994 Okt  Jewitt & Chen
1994 TG   42,3  0,000    6,8    23,0    232     1994 Okt  Chen u.a.
1994 TG2  41,5  0,000    3,9    24,0    141     1994 Okt  Hainaut 
1994 TH   40,9  0,000   16,1    23,0    217     1994 Okt  Jewitt u.a.
1994 VK8  43,5  0,000    1,4    22,5    273     1994 Nov  Fitzwilliams u.a.

Ø meint Durchmesser in km (auf Grundlage der Magnituden und einer Schätzung der Albedo,
                   und ist genauer angegeben als bekannt)

Die Körper jenseits des Neptun scheinen sich in zwei Gruppen aufzuteilen. Eine Gruppe, zusammengesetzt aus Pluto, 1993 SC, 1993 SB und 1993 RO, besitzen exzentrische Orbitale und befinden sich in einer 3:2 Kopplung mit Neptun. Die zweite Gruppe, einschließlich 1992 QB1 und 1993 FW, befindet sich etwas weiter draußen und besitzt sehr kleine Exzentrizität.


Nemesis, der Zwillingsstern der Sonne, 1983-heute

Nehmen wir einmal an, die Sonne wäre nicht allein, sondern hätte einen Zwillingsstern. Nehmen wir des weiteren an, dieser Zwillingsstern bewegt sich auf einem elliptischen Orbit, mit einem Abstand zur Sonne zwischen 90.000 AE (1,4 Lichtjahre) und 20.000 AE, mit einer Periode von 30 Millionen Jahren. Und nehmen wir schließlich an, dieser Stern sei dunkel und letztendlich sehr fein, und daher haben wir ihn bislang nicht entdeckt.

Dies würde bedeuten, daß alle 30 Millionen Jahre dieser hypothetische Zwillingsstern der Sonne die Oortwolke durchqueren würde (eine hypothetische Wolke von Proto-Kometen mit einem großen Abstand zur Sonne). Während einer solchen Passage würden die Proto-Kometen durcheinandergewirbelt werden. Einige zehntausende Jahre später würden wir hier auf der Erde einen dramatischen Anstieg der Anzahl von Kometen feststellen, die das innere Sonnensystem durchqueren. Wenn natürlich die Anzahl der Kometen ansteigt, tut dies naturgemäß auch die Wahrscheinlichkeit, daß die Erde mit dem Kern eines dieser Kometen kollidiert.

Bei näherer Untersuchung der geologischen Erdgeschichte scheint sich zu ergeben, daß einmal ungefähr alle 30 Millionen Jahre ein großes Massensterben des Lebens auf der Erde eingesetzt hat. Das bekannteste dieser Massensterben ist natürlich das Aussterben der Dinosaurier vor etwa 65 Millionen Jahren. Nach dieser Hypothese wäre also in etwa 25 Millionen Jahren mit dem nächsten Massensterben zu rechnen.

Dieser hypothetische „Todeszwilling“ der Sonne wurde 1985 von Daniel P. Whitmire und John J. Matese, Univ of Southern Louisiana, vorgeschlagen. Er hat auch schon einen Namen: Nemesis. Ein schwieriger Fakt der Nemesis-Hypothese ist, daß es keinerlei sonstige Hinweise gleich welcher Art auf so einen Zwillingsstern der Sonne gibt. Er müßte nicht sehr hell oder massig sein, ein Stern, der viel kleiner und dunkler als die Sonne ist, würde genügen, sogar ein brauner oder schwarzer Zwerg (ein planetenähnlicher Körper, der nicht genug Masse besitzt, um eine „Wasserstoffverbrennung“ wie bei einem Stern in Gang zu setzen). Es ist möglich, daß er sogar in einem der Kataloge dunkler Sterne auftaucht, ohne daß jemand etwas besonderes bemerkt hätte, namentlich die scheinbar gewaltige Bewegung, die er vor dem Hintergrund der viel entfernteren Sterne vollziehen würde (d.h. seine Parallaxe). Sollte er gefunden werden, dürften die wenigsten daran zweifeln, daß er Hauptursache des regelmäßigen Massensterbens auf der Erde ist.

Es gibt aber auch Ansichten mythischer Kräfte. Wenn ein Anthropologe früherer Generationen eine derartige Geschichte von seinen „Informanten“ zugetragen bekommen hätte, würde sich die vorherrschende Schulmeinung zweifelsohne Begriffen wie ,primitiv' oder ,vorzeitlich' bedienen. Dazu die folgende Geschichte:

Es gibt eine weitere Sonne am Himmel, ein Dämonenstern, den wir nicht sehen können. Vor langer Zeit, noch vor der Zeit unserer Vorväter, griff dieser Dämonenstern die Sonne an. Kometen fielen, und ein fürchterlicher Winter überfiel die Erde. Fast alles Leben wurde zerstört. Die Dämonensonne hat schon viele Male angegriffen. Sie wird es wieder tun.

Daher dachten manche Wissenschaftler, diese Nemesistheorie ist ein Witz, als sie zuerst davon hörten -- eine unsichtbare Sonne, die die Erde mit Kometen angreift, hört sich nach Täuschung oder einer Fabel an. Es verdient einen zusätzliche Portion Skeptizismus, weil wir ständig in Gefahr sind, uns selbst zu betrügen. Aber auch, wenn diese Theorie spekulativ ist, sie ist seriös und respektabel, weil der wesentliche Gegenstand überprüfbar ist: man findet den Stern und untersucht seine Eigenschaften.

Dennoch, nachdem die Untersuchung des gesamten Himmels in Infrarot durch IRAS keine „Nemesis“ entdecken konnte, ist eine Existenz von „Nemesis“ nicht sehr wahrscheinlich.


Referenzen

Willy Ley: "Watcher's of the skies", The Viking Press NY,1963,1966,1969

William Graves Hoyt: "Planet X and Pluto", The University of Arizona Press 1980, ISBN 0-8165-0684-1, 0-8165-0664-7 pbk.

Carl Sagan, Ann Druyan: "Comet", Michael Joseph Ltd, 1985, ISBN 0-7181-2631-9

Mark Littman: "Planets Beyond - discovering the outer solar system", John Wiley 1988, ISBN 0-471-61128-X

Tom van Flandern: "Dark Matter, Missing Planets & New Comets. Paradoxes resolved, origins illuminated", North Atlantic Books 1993, ISBN 1-55643-155-4

Joseph Ashbrook: "The many moons of Dr Waltemath", Sky and Telescope, Vol 28, Oct 1964, p 218, also on page 97-99 of "The Astronomical Scrapbook" by Joseph Ashbrook, SKy Publ. Corp. 1984, ISBN 0-933346-24-7

Delphine Jay: "The Lilith Ephemeris", American Federation of Astrologers 1983, ISBN 0-86690-255-4

William R. Corliss: "Mysterious Universe: A handbook of astronomical anomalies", Sourcebook Project 1979, ISBN 0-915554-05-4, p 45-71 "The intramercurial planet", p 82-84 "Mercury's moon that wasn't", p 136-143 "Neith, the lost satellite of Venus", p 146-157 "Other moons of the Earth", p 423-427 "The Moons of Mars", p 464 "A ring around Jupiter?", p 500-526 "Enigmatic objects"

Richard Baum & William Sheehan: "In Search of Planet Vulcan" Plenum Press, New York, 1997 ISBN 0-306-45567-6 , QB605.2.B38


Wer sich fragt, warum es nicht monatlich eine Sonnenfinsternis gibt, wenn doch der Erdmond im Monat einmal um die Erde kreist: Der Mond kommt auf seiner Bahn zwar einmal im Monat auf die Bahn zwischen Sonne und Erde, aber nur ungefähr, weil sich gleichzeitig die Erde um die Sonne dreht. Die Mondbahn um die Erde ist gegenüber der Erdbahn um die Sonne gekippt. Die Laufbahn des Mondes und die Achse Erde – Sonne decken sich also nicht monatlich, sondern die Laufbahn des Mondes ist gegen die Ekliptik geneigt. Die totale Sonnenfinsternis kommt im Schnitt nur alle 375 Jahre vor. Sollten Sie die Gelegenheit haben, eine solche zu beobachten, sorgen Sie für einen Augenschutz. Sonnenfinsternisbrillen gibt es vor einem solchen Event als Werbeartikel oder sie sind günstig zu haben - Sie würden ja auch nicht Ihre Augen ungeschützt einem LED-Leuchtmittel in MR16 aussetzen.


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Fußnote:
#1: Lilith ist in der heutigen Astrologie ein sogenannter senitiver Punkt, also ein konstruiertes Element wie die Mondknoten, deren gedachte Bahn auf die Ekliptik projiziert wird. Lilith ist, je nach Erklärungsmodell, entweder das Apogäum oder der zweite Brennpunkt der Mondbahn. Auch hier wird die gedachte Bahn auf den Zodiak abgebildet und so einem Zeichen zugeordnet. Ich danke Florian Painke, dessen Ergänzung ich wörtlich übernommen habe.


Impressum, © Text von Paul Schlyter, HTML-Version durch Bill Arnett, übersetzt von Michael Wapp; zuletzt ergänzt: 10. April 2014